Im Damaraland

Das Damaraland ist heute verwaltungsmäßig ein Teil der Kunene Region. Sein Name stammt ursprünglich aus der deutschen Kolonialzeit und wurde von der südafrikanischen Regierung während der Zeit ihrer Mandatsverwaltung für die ehemalige deutsche Kolonie Südwestafrika übernommen. Das Gebiet wird überwiegend von der Volksgruppe der Damara bewohnt, die zusammen mit den San zu den ältesten Einwohnern Namibias gehören. Ihre Sprache ist mit der der Nama und San verwandt und gehört mit ihren Klicklauten zu den Khoisan Dialekten. Das von ihnen bewohnte Gebiet erstreckt sich vom Süden des Kaokoveldes und westlich von der Etoscha Pfanne bis zum Erongo Gebirge im Osten und Südosten. Es ist ein Paradies für Geologen (siehe Namibiana Buchdepot für Literatur über die Landschaftsgestaltung in Namibia). Und im westlichen Teil leben auch (noch) die berühmten Wüstenelefanten sowie Nashörner.

In diesem Bericht möchte ich meine verschiedenen Fahrten durch diesen Teil Namibias und die darin besuchten kulturhistorischen Stätten, landschaftlichen Höhepunkte und Unterkünfte beschreiben. Meine erste Reise in und durch dieses karge und nur spärlich besiedelte Land voller Tafelberge, mit großen Steinebenen und den vielen „Hoch und Runter“-Straßen führte mich im September 1999, von der Skelettküste und Terrace Bay kommend in die Vingerklip Lodge inmitten der Ugab Terrassen.

Auf dem Hinweg in die Lodge, in der ich ein paar Tage geblieben bin sah ich mir den “Versteinerten Wald“ an, der etwa 40 km westlich von Khorixas liegt. Auf einem gut geführten Weg (hier arbeiten hervorragend geschulte Damara) kann man sich die versteinerten Reste von den einst wohl gigantisch großen Pinien Baumstämmen ansehen. Dazwischen wachsen auf der eingezäunten Hangfläche auch Welwitschias. Die recht gut erhaltenen Stämme – bei einigen kann man sogar die Jahresringe erkennen – sind rund 250 Millionen Jahre alt.

Im versteinerten Wald bei Khorixas, 16.9.1999

Im versteinerten Wald bei Khorixas, 16.9.1999

Von der Vingerklip Lodge aus unternahm ich dann eine Tagesfahrt zum „Verbrannten Berg“, zu den „Orgelpfeifen“ bei Twyfelfontein und natürlich dort zu den prähistorischen Felsgravuren und Felsmalereien, die seit 2007 UNESCO Weltkulturerbe sind. Der verbrannte Berg besteht aus den über 80 Millionen Jahren alten, in den Karoo Schiefer und roten Sandstein an dieser Stelle eingedrungenen Lavamassen, die der Umgebung plötzlich ein ganz anderes Farbbild geben. Man sieht blaue, schwarze, gelbe und weiße Farben, wo vorher alles eher in warmem Rot leuchtet. Die zu den typischen Basaltsäulen bei den „Orgelpfeifen“ erstarrte Lava in der Nähe ist um die 120 Millionen alt. Erosion hat die eckigen Säulen dort geschaffen. Die Wanderungen in die Berge auf geführten Pfaden zur Besichtigung der uralten Felsgravuren auf den roten Sandsteinplatten in der Nähe der sehr schön gelegenen und hervorragend gestalteten Twyfelfontein Lodge waren jedes Mal einzigartige Erlebnisse. Die Übernachtungen in der Lodge mit ihrer einfühlsamen Architektur – die vergleichbar ist mit der der Vingerklip Lodge – bei späteren Besuchen ebenfalls. Die Vielzahl der künstlerischen Darstellungen vom berühmten Löwen mit dem geknickten Schwanz über Giraffen, Kudus, Zebras, Strauße, Tierspuren, usw. bis hin bis zu Robben – oh, ja, die Ureinwohner waren bei ihren Wanderungen auch bis an die Küste gekommen! – ist ganz einfach überwältigend. Meine erste Fahrt und auch spätere zu diesen Orten und durch das Damaraland sind in meinem Buch „Namibia – erlebt und skizziert“ beschrieben.

In der Vingerklip Lodge bin ich mehrere Male gewesen. Sie liegt im Ugab Tal mit seinen fantastischen Terrassen. Die wie mit der Rasierklinge glattgeschnittenen Tafelberge mit Namen wie „Zuckerdose“, „Teekanne“ und „Elefant“, usw. ragen aus dem breiten Trockenflussbett hoch und bestimmen hier das Landschaftsbild. Sie sind vor etwa 30 Millionen Jahren durch Flussablagerungen und Abtragungen entstanden. Von der Fingerklippe aus, einem wuchtigen, 35 Meter hohen Felsen aus Sandsteinkonglomerat, dessen Alter man auf 15 Millionen Jahre schätzt, hat man eine fantastische Aussicht auf das breite Tal des Ugab Flusses und auf die Lodge, deren Architektur sich vorzüglich in diese beeindruckende Landschaft einfügt. Ein ebenfalls mächtiger Felsen erhebt sich direkt oberhalb des Eingangs zur Lodge. Er gehört zum südöstlichen Ende eines gewaltigen Tafelberges, den man heute mit Hilfe eines eisernen „Treppenaufstiegs“ besteigen kann. Oben auf dem Hochplateau liegt das „Heaven’s Gate Chalet“ der Lodge. Auch das neue Panorama Restaurant „Eagle’s Nest“ befindet sich hier oben. Das hinauf auf das Hochplateau und wieder hinab Steigen dauert jedes Mal etwa eine halbe Stunde, ist aber wohl jede Anstrengung wert. Man ist „oben“ dann total zurückgezogen und dennoch mit allem Komfort umgeben mitten in der Wildnis, was von fast allen Gästen, die „unten“ in der Lodge untergekommen sind gerne zum abendlichen „Sundowner“ genutzt wird. Schon allein um die grandiose Aussicht ringsherum aus der Höhe zu genießen.

Von der Lodge aus konnte man schon bei meinem ersten Besuch sehr schöne Wanderungen unternehmen. Außer dem Weg zum Vingerklip Felsen gab es einen Rundweg zu den südlichen Terrassen und auch andere Wege durch die Farm. Die Eigentümerin bot zusätzlich Rundfahrten durch die Farm „Bertam“ zum Tiergehege und bis zum Ugab Rivier an. Außerdem konnte man mit dem Besitzer einer Nachbarfarm (Omburu Ost) einen Besuch vereinbaren für eine Führung zu verschiedenen sehr schönen Felsmalereien, die sein Vater 1938 dort entdeckt hat. Ihr Alter wurde auf 300 bis 1000 Jahre geschätzt. Ich habe das Angebot angenommen und einen sehr interessanten Tag dort erlebt, weil der südafrikanische Farmeigentümer, mein Interesse bemerkend mir viele Artefakte der Ureinwohner dieses Gebietes zeigte, die er bei den Felsmalereien gefunden hat und mir außerdem eine vorzügliche Einführung in die Botanik des Ugab Tals gab.

Felsmalereien auf der Farm Omburu Ost, 1999

Felsmalereien auf der Farm Omburu Ost, 1999

Die Damara gehören zu den ärmsten Volksgruppen in Namibia. Erst heute werden sie durch ihre aktive Einbeziehung und Teilhabe am Tourismus, z. B. im „Historic Living Village“ Programm und als Angestellte in den verschiedenen Unterkünften in ihrem Land von der traditionellen Ziegenhaltung, die zu einer großen Überweidung des Landes geführt hat etwas gelöst. An allen als „Nationale Denkmale“ deklarierten Stätten haben sie die Führungen übernommen und kontrollieren die dort erhobenen Eintrittsgelder. Sie verwalten und leiten verschiedene Zeltcamps sowie auch einige der vielen Lodges und sind somit auch an deren Einnahmen beteiligt.

Bei meinem letzten Aufenthalt im Damaraland im Juli 2011 haben meine „Safari“-Freunde/Begleiter und ich eine Nacht in der 2010 eröffneten Damara Mopane Lodge verbracht. Wir sind von der Gästefarm Immenhof aus am 14. Juli 2011 dorthin gefahren, aber besuchten auf der Hinfahrt auch die Vingerklip Lodge auf meinen Wunsch hin. Von Immenhof kommend und in Richtung Kalkfeld fahrend hatten wir uns eine alternative Route ausgesucht, mussten unterwegs nur fünf Farmtore öffnen und wieder schließen und „erfreuten“ uns an den „Auf und Ab Straßen“ mit dem Durchqueren vieler Riviere. In der Vingerklip Lodge legten wir dann einen längeren Stopp zum Fotografieren und Erfrischen ein. Schon unser Weg bis hin zur Lodge führte uns durch eine sehr abwechslungsreiche Landschaft mit den für das Damaraland so typischen Mopane Bäumen vor und in den Ugab Terrassen.

Die Mopane mit ihren gebogenen Doppelblättern ist der Hauptbaum in diesem Gebiet. Außerdem gibt es in einigen Landesteilen auch viele Makalani Palmen, deren Früchte von Schnitzern kunstvoll verziert werden mit Tieren, oder auch auf Wunsch mit einem Namen. Aus den kleinen Kunstwerken basteln die Damaras Schlüssel-oder Kettenanhänger. In den Felsen von Twyfelfontein wachsen zudem besonders schöne Commiphoren Exemplare zwischen den roten Sandsteinplatten.

Es war für mich wieder sehr schön in der Vingerklip Lodge zu sein, die noch viel weiter ausgebaut worden ist seit meinem letzten Besuch dort 2003, um mehr Gäste aufnehmen zu können und ist so zwar zu einer „Bus Lodge“ geworden, aber immer noch eine der für mich schönsten Unterkünfte in Namibia geblieben. Die Architektur dieser Lodge, die sich so vorzüglich in die Erosionslandschaft der Ugab Flussterrassen einpasst, beeindruckte mich erneut. Die ganze Anlage hat mir bei jedem Besuch schon immer sehr gut gefallen. Die Eigentümerin, die ich 1999 kennen- und schätzen gelernt habe, ist nach einem brutalen Überfall nur noch selten hier. Ein Verwalter und Manager kümmert sich heute um die Lodge und die dazu gehörige ca. 3.000 ha große Farm „Bertram“. Für mich wird die Lodge auch immer verbunden sein mit dem Blutfruchtbaum (Terminalia prunioides) und dessen tiefroten Früchten. In den Gärten der Lodge und auf der Farm befinden sich viele dieser Bäume, die in der Blütezeit eher wie große, blutrote und dicht gewachsene Büsche erscheinen.

Wir besuchten vor unserer Weiterfahrt noch den Vingerklip Felsen aus Konglomerat Gestein zum Fotografieren. Von hier aus kann man den Ausblick auf die umgebende weite und sehr beeindruckende Terrassen Landschaft so richtig genießen. Bei der Abfahrt hielten wir, bevor wir auf die Hauptstraße in Richtung Khorixas einbogen unter einem schattenspendenden Baum, um unseren Mittagsimbiss einzunehmen. An dieser Stelle waren wir umgeben von vielen, für diesen Landstrich durch den Kalkboden so typischen weißen Termitenburgen, die sich alle nach Norden hin neigen. Vor Khorixas bogen wir danach in die Farmpad ein zur Damara Mopane Lodge.

Diese fast „nagelneue“ Lodge wurde 2010, also vor knapp einem Jahr eröffnet. Ich war sofort von der Anlage begeistert. Sie ist wie ein traditionelles Herero Dorf geplant, so jedenfalls wurde es uns erklärt. Beim Eingang mit dem großen Parkplatz könnte der Viehkral sein. Vor dem Rezeptionsgebäude (das Häuptlingshaus oder das des Hofeigentümers) wurde so etwas wie ein „ewiges Feuer“ nachgebaut, das bei den Herero nur die Hauptfrau entzünden darf. Im Damaraland gibt es einige Herero Ansiedlungen. So kann man auf diese Weise den Besuchern hier etwas über Kultur und Geschichte der Bevölkerung erzählen. Alle Wohnunterkünfte (rechteckige Chalets) sind halbkreisförmig um einen zentralen Platz arrangiert, in dem sich das Schwimmbad mit Garten befindet.

Blick auf die Damara Mopane Lodge, 2011

Blick auf die Damara Mopane Lodge, 2011

Die Lodge liegt inmitten der Dornensavanne mit sandigen und steinigen Trockenflüssen, Mopane Bäumen überall und mächtigen Granitkuppen der hier beginnenden und für das Damaraland so typischen Tafelberge. Rötlich braune Farbtöne bestimmen das Bild, denn alle Häuser (Haupthaus, Nebengebäude, Häuser für die Angestellten und insgesamt 55 Doppelbett Chalets) wurden aus dem roten Lehm der Gegend gebaut. Alle Fundament Wände bis zur Dämmschicht sind aus gebrannten Tonziegeln. Die Wände sind außen nicht verputzt, sondern mit einer Schlempe aus Kalklehm bestrichen. Jedes Haus hat einen eigenen, von niedrigen Mauern aus Lehmsteinen umgebenen Gemüse- und Kräutergarten mit Blumen, Sträuchern und Obstbäumen aller Art. Was Obst und Gemüse betrifft, strebt die Lodge weitestgehend danach sich selbst zu versorgen. Künstlerisch höchst interessant sind die aus verschiedenen Materialien angefertigten und lustig kostümierten Vogelscheuchen. Eine derartig künstlerische Vogelscheuchen Sammlung habe ich noch nie gesehen!

Das Restaurant und alle Häuser sind dekoriert mit schönen Fotos, Zeichnungen oder Aquarellen der Felsgravuren und Felsmalereien von Twyfelfontein. Nach einer Kaffeepause bin ich mit meinen Freunden langsam zur „Sundowner Plattform“ hochgestiegen. Von dort oben hat man einen fantastischen Ausblick auf die Lodge und die weite Landschaft in der Umgebung bis hin zum Brandberg, der schemenhaft am Horizont zu sehen ist. Das Bier aus dem Fass schmeckte uns hier oben besonders gut. Wir warteten noch den Sonnenuntergang ab und stiegen dann den ziemlich steilen und steinigen Weg wieder hinunter zum Abendessen. Ich war gut zurechtgekommen mit meinen beiden Stöcken, aber nun total müde und freute mich auf mein Bett.

Am 15. Juli 2011 sind wir an einem recht kalten Morgen (es war ja immer noch Winter in Namibia) aus der Damara Mopane Lodge abgefahren in Richtung Grootberg zur ebenfalls neuen Grootberg Lodge. Vor Khorixas bogen wir ab nach Fransfontein auf die C35. Auch hier ging es wieder durch eine sehr schöne Landschaft. Bei Fransfontein haben wir uns die eingefasste Quelle und den Dammsee angesehen. Die Quelle liefert seit Hunderten von Jahren klares, gutes Wasser. Im „Oppi-Koppi“ Restcamp, einer sehr urigen Anlage mit toller Bar haben wir uns erfrischt. Auf der C40 ging es weiter bis zur Abfahrt zur Grootberg Lodge. Mir blieb allerdings das Herz fast stehen, als ich die über 1 km lange, sehr steile Auffahrt bis zur 1600 m hoch gelegenen Lodge sah. Aber mit unserem Allradantrieb wurde auch dieses Hindernis genommen. Ich habe allerdings an den steilsten Stellen und den Kehren die Augen zugemacht. Denn ich saß im Auto vorne auf der linken Seite, sozusagen „am Abhang“. Und die Pad nach oben war alles andere als gut. Wir waren alle sehr froh, als wir schließlich bei der Lodge angekommen waren.

Auffahrt zur Grootberg Lodge, 15.07.2011

Auffahrt zur Grootberg Lodge, 15.07.2011

Die Grootberg Lodge ist nach dem Konzept des „community based tourism“ entstanden, gehört zu 100% der ansässigen Gemeinde und wird von den örtlichen Damara geführt und verwaltet. Dieses Community Projekt wurde mit Mitteln der EU finanziert. Alle, die dort arbeiten, sind am Gewinn mit beteiligt. Sämtliche Gebäude sind aus dem roten Naturstein der Gegend gebaut. Die bisher 12 Chalets stehen direkt an der Felskante mit wunderschönem Blick in die Weite des tiefen Taleinschnitts und auf die Tafelberge die ihn begrenzen. Das große Haupthaus mit Restaurant, Bar und Lounge ist sehr rustikal und afrikanisch eingerichtet. Alle Dächer sind aus Stroh auf schwarz gemaltem Holzgebälk. Man hat von überall eine überwältigende Aussicht bis zum Horizont am Ende des langen Kliprivier Tals. Große Butterbäume (Cyphostemma currorii) sorgen für attraktive Bilderrahmen beim Fotografieren. Ein kleines Schwimmbad spiegelte den blauen Himmel wider. Das ist wirklich ein paradiesischer Ort, der umgeben ist von einer umwerfend schönen Landschaft, die hier von den Damaraland Tafelbergen geprägt wird.

Die Tafelberge um die Grootberg Lodge herum bilden das Etendeka Gebirge. Diese Berge entstanden durch fließende Lava vor etwa 132 Millionen Jahren, als der südwestliche Teil Gondwanas abgetrennt wurde und Südamerika und Afrika sich bildeten. Man findet hier zwei verschiedene vulkanische Gesteinsarten: Basalte und Vulkanit. Die ganze Gegend ist ein Paradies für Vulkanologen. Typisch zu erkennen sind hier die beiden Quarz Einheiten, am oberen Ende der Tafelberge immer Grootberg Quarzlatite, am Streifen darunter Wereldsend Quarzlatite. Quarzlatit ist ein vulkanisches Gestein, das zu 5 – 20 % aus Quarz und zu über 20 % aus Vulkanit besteht.

Wie auch auf Immenhof kam unser heißes Wasser aus einem „Donkey“ genannten kleinen Ofen, der sich außerhalb des Chalets befindet und nachmittags mit Holz aus der Umgebung befeuert wird. Es ist erstaunlich wie lange das so erhitzte Wasser warm bleibt. Ich habe mich nach dem Fotografieren ausgeruht und einfach nur den Fernblick genossen, bis die Sonne unterging und der Mond aufstieg. Am nächsten Tag, dem 16. Juli wurde mir um 7 Uhr morgens heißes Wasser für einen Morgentee gebracht. Toller Service. Die Sonne ging auf und erleuchtete das Flusstal unter uns. Was für ein fantastischer Anblick!

Die steile Abfahrt von der Lodge zum Grootberg Pass hinunter bis auf 1540 m Höhe kam mir gar nicht mehr so schlimm vor wie die gestrige Hinauffahrt. Ich saß ja diesmal ja auch an Bergseite im Auto und konnte so nicht hinuntersehen.

Am Grootberg Pass, 2011

Am Grootberg Pass, 2011

Wir hatten danach eine wunderschöne Fahrt durch das Etendeka Plateau mit seiner typischen Geologie bis zum Veterinär Zaun und Palmwag. Auch diese Lodge, die ich von mehreren vorherigen Besuchen her kannte, hat sich vergrößert, ist aber immer noch so schön, wie ich sie in Erinnerung habe. Und die Makalani Palmen sind immer noch ein toller Hintergrund für jedes Foto, vor allem beim Sonnenuntergang.

Die Lodge hat ihren Namen von diesen Palmen, die sie umgeben und ist eine der ältesten in Namibia. Sie liegt am Uniab Fluss. Auf dem sehr großen Areal, das dazu gehört gibt es Wüstenelefanten, die sehr selten gewordenen schwarzen Nashörner, Giraffen, Zebras, Oryx und andere Wildtiere. Auf Palmwag kann man wunderschön wandern. Den Welwischia Pfad, den ich zum letzten Mal mit meiner Freundin Gisela 2003 gelaufen bin gibt es immer noch. Wir haben damals viele Welwitschias bewundert und einige sehr schöne Achate gefunden. Auch bei meinem Besuch zusammen mit meinem leider schon verstorbenen Cousin Helmut 2001, der ein großer Mineralienkenner und Sammler war.

Sonnenuntergang auf Palmwag, 2001

Sonnenuntergang auf Palmwag, 2001

Die 18 km von der Hauptstraße C43 aus bis zum Etendeka Mountain Camp sind nur mit Allradantrieb zu fahren. Wir brauchten für diese Strecke mit vielen Rivier Durchfahrten (überall noch mit fließendem Wasser) fast zwei Stunden. Haben aber dabei wundervolle landschaftliche Eindrücke von dieser entlegenen und sehr wildreichen Gegend erhalten. „Der Weg ist das Ziel“, so wird gesagt. Dieser Weg  wurde allerdings immer länger. Und das Fahren war härteste Arbeit. Unterwegs sahen wir nahe an der Pad viele Springböcke, Kudus, Bergzebras, Spießböcke und Giraffen. Sowie viele wunderschöne Vögel, darunter auch Trappen und Greifvögel. Wir kamen pünktlich zum Mittagessen im Camp an, wo wir herzlich begrüßt wurden. Es waren noch einige andere, sehr nette Gäste dort. Wir hielten eine kleine Siesta und begaben uns dann mit einem Damara Guide auf eine Rundfahrt.

Wie schon erwähnt ist das Etendeka Gebiet vor etwa 125 Millionen Jahren durch die Aufspaltung Gondwanas entstanden. Heute ist es ein riesiges Naturschutzgebiet (allein die Etendeka Tourist Concession besteht aus ca. 50.000 ha) in dem die Wüstenelefanten, Nashörner und auch Löwen eine Heimat haben, sowie viele andere Wildtiere. Vom Grootberg Pass aus konnten wir die markanten Gesteins- und Landschaftswechsel beobachten. Östlich vom Pass in Richtung Kamanjab liegt das typische uralte Grundgebirge aus Granit mit den vielen Granitkuppen. Nach Westen hin sieht man eine endlos weite Ebene, die mit schwarz-roten kleinen und großen Basaltsteinen bedeckt ist. In ihr erheben sich die hier typischen Tafelberge mit ihren Plateaus. „Etendeka“ bedeutet in der Sprache der Himba „Hügel mit flacher Spitze“. Der oberste Plateaukörper des Etendeka Plateaus wird aus Basaltgestein gebildet.

Unser Nachmittagsausflug war hochinteressant. Ich erspähte als Erste (vorne im Wagen neben unserem Guide sitzend) einen gerissenen Spießbock. Das tote Tier lag nur wenige Meter von uns entfernt neben der Pad, auf der wir mit dem offenen Landrover entlang fuhren. Der (unbewaffnete) Guide stieg vorsichtig zum Checken aus und meinte „da sind Löwen in der Nähe“. Auf der Pad vor uns sahen wir dann auch ihre Spuren.

Der Riss auf der Rundfahrt, 16.07.2011

Der Riss auf der Rundfahrt, 16.07.2011

Wir fuhren weiter und sahen viele andere Tiere und Vögel, darunter eine sehr große Springbockgruppe, Giraffen und Bergzebras. Auf der Rückfahrt kamen wir nach Sonnenuntergang wieder am gerissenen Oryx vorüber. Von dem war nicht mal mehr die Hälfte übrig. Unter einem Baum konnten wir mit unseren Ferngläsern vier Löwinnen in ca. 300 m Entfernung erkennen. Der Guide meinte vom Riss würde nichts mehr übrig bleiben, denn nach den Löwen kämen die Hyänen und würden die Reste mit allen Knochen fressen. Wir befinden uns in der Wildnis, das sollte man in Namibia nirgendwo vergessen!

Das Camp mit der umgebenden, einmalig schönen und unberührten Natur ist ein Paradies für Fotografen, aber auch für Astronomen, Geologen, Naturforscher und Ornithologen. Ich habe noch nie einen derart klaren und schönen Sternenhimmel gesehen wie hier oben auf dem Hochplateau von Etendeka. Das Camp besteht aus acht befestigten Doppelbettzelten, die alle eigene Spültoiletten und Buschduschen mit warmem Wasser haben, die nach oben offen neben dem jeweiligen Zelt gebaut sind. Ich fand diese „Eimerduschen“ toll. Es gibt Solarstrom und einen Generator. Das große Restaurantzelt mit uriger Bar ist zugleich der Empfang in dieses paradiesische Reich.

Am Lagerfeuer haben wir nach unserem Ausflug ein kühles Bier und ein Glas Wein genossen. Nach dem sehr guten Abendbrot (alle saßen an einem großen Tisch zusammen) wurden Geschichten erzählt, darunter natürlich auch jede Menge „Löwenerlebnisse“. Das Ergebnis war, dass ich nicht schlafen konnte. Denn in der Nacht war ein starker Wind aufgekommen, der die Zeltwände bewegte. Und Löwengebrüll (zwar in der Ferne, aber immerhin) und andere undefinierbare nächtliche Geräusche trugen nicht gerade dazu bei mich getrost zur Ruhe kommen zu lassen. Aber irgendwie bin ich dann doch eingeschlafen. Nur einige Male musste ich zur „Nasszelle“ aus dem Zelt raus in der Nacht. Dabei habe ich aber dann jedes Mal den wunderschönen Sternenhimmel über mir betrachtetet. Ein einmaliges Erlebnis!

Morgens in der Frühe zurrte ich alles fest, was in der Nacht bei dem Wind umgeweht worden war (Stühle und Kissen vor dem Zelt) und habe vor dem Frühstück noch gelesen und geschrieben. Meine Freunde sind nach dem Frühstück mit unserem Guide losgefahren um nach dem Riss zu sehen. Da war tatsächlich nichts mehr von übrig. Löwen und Hyänen haben ganze Fress-Arbeit geleistet. Das Löwengebrüll in der Nacht habe ich mir nicht etwa eingebildet! Wir sind dann auf einem kürzeren Wanderweg zu einer schönen Aussicht gelaufen und haben dabei viele Achate und Zeolithe (Gerüstsilikate) – hier vor allem den weißen Nathrolit mit strahligem Verband von nadeligen Kristallen – im herumliegenden Gestein gefunden, bzw. gesehen, wir haben natürlich nichts mitgenommen. Diese Kristalle treten hauptsächlich in Hohlräumen basaltischer Gesteine auf, wie die Quarzmineralien (Achate). Zeolithe findet man oft zusammen mit dem Kalk-Mineral Calcit und mit Calceton und Achat. Außerdem sahen wir viele interessante Bäume (unter anderen auch Antennenakazien und Flaschenbäume), Büsche (Euphorbien aller Art), Insekten, kleine Echsen und vielerlei Blumen. Nach dem Mittagessen wurde ausgeruht. Und nach dem nachmittäglichen K & K bin ich nochmal auf dem Plateau spazieren gegangen. Meine Freunde sind mit dem Guide auf Vogelfotopirsch gefahren. Am Abend brannte wieder das Lagerfeuer, das Bier schmeckte, und in der Glut des Feuers aus Mopane Holzkohle brutzelte unser Abendbrot – Hühnchen im Folienmantel, gebacken im eigenen Saft. Zum Hühnchen gab es gebackene Kartoffeln und Kürbis Gemüse. Hinterher Datteltorte mit Brandy. Wenn das kein vorzügliches Festessen war!

Ich hatte schon am Tag das Loch unten an meiner Zeltvorderwand bemerkt, dem aber keine weitere Bedeutung zugemessen, sondern nur ein Tempotaschentuch zum Verschließen hineingestopft. Nachts um 2.15 Uhr besuchten mich zwei (eigentlich sehr niedliche kleine) Kurzschwanz Rennmäuse (Desmodillus auricularis), die sich im Zelt herumjagend vergnügten. Jedes Mal, wenn ich das geöffnete Loch mit dem rausgestoßenen Taschentuch wieder verschloss, wurde es nach kurzer Zeit wieder „geöffnet“, und die lustige Jagd ging weiter. Wenigstens konnte ich so sicher sein, dass sich keine Schlange Zugang verschafft hatte. Aber so ganz wohl war mir bei dem Gedanken nicht. Auf jeden Fall hörte der Spaß erst gegen 4 Uhr morgens auf. Dann hatte der Wind wieder aufgefrischt. Alles knatterte und flatterte und verjagte dann wohl auch die Mäuse. Die Nacht war außerdem recht hell, wir hatten Vollmond. Der tauchte alles in hellsilbriges Licht. Ein wundervoller Anblick, der mich die Mäusejagd schnell vergessen und dann doch noch einschlafen ließ.

Heute sollte unsere Fahrt weitergehen bis nach Sesfontein. Weil wir daher auch keine lange Strecke vor uns hatten, bummelten wir mit dem Aufbrechen. Der Abschied ist mir sehr schwer gefallen. Wir haben zwei unvergesslich schöne Tage hier oben verlebt. Die Fahrt aus dem Camp bis zur Hauptstraße nach Sesfontein war wieder wunderschön. Wir haben sehr oft zum Fotografieren angehalten, wieder viele Wildtiere gesehen – Springböcke, Giraffen, Zebras, Oryx. Alle Riviere wurden sehr langsam durchfahren. Im Wasser, das ja noch immer in den sonst um diese Zeit schon trockenen Flüssen floss, spiegelte sich die Sonne. Was waren das für herrliche Farben! Wir bewunderten wieder die einmalig schöne Landschaft des Etendeka Plateaus und hielten an schon blühenden Euphorbien und besonders eindrucksvollen Felsen voller Bogenhanf (Sanseviria).

Als wir die Hauptstraße erreicht hatten, stoppten wir an einer schönen Stelle zum Mittagsimbiss. In Warmquelle bin ich nicht mit in die Schlucht hinunter gestiegen bis zum warmen Quellsee. Wir kamen am Nachmittag im alten Fort Sesfontein an. Heute ist eine recht gute Lodge daraus entstanden. Das Fort der „Sechs Quellen“ wurde 1896 von der deutschen Schutztruppe errichtet. Wegen seiner sechs ergiebigen Quellen garantierte das Gebiet eine gute Wasserversorgung für Mensch und Tier. Die Deutschen benutzten das Fort als Kontrollpunkt gegen die Rinderpest, Wilderei und den Waffenschmuggel. 1914 wurde es aufgegeben. Die Gebäude und der Soldatenfriedhof dahinter verfielen. Ab 1994 wurde das Fort zur Lodge um- und ausgebaut mit 46 Betten, einem Restaurant und Campingmöglichkeiten.

Das kleine Hotel wird heute von den Nachfahren der einheimischen Urbevölkerung des Kaokoveldes, den Damara, Herero und Himba verwaltet. Wir verbrachten hier eine Nacht. Denn unserer Fahrt ging ja noch weiter bis an den Kunene zu den Epupa Wasserfällen und danach durch das Ovamboland zur Etoscha Pfanne. Mit der Abfahrt von Sesfontein haben wir das Damaraland verlassen, das wie so Vieles andere aus Namibia für immer in meiner Erinnerung bleiben wird.

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